Orlando Letelier

chilenischer Wirtschaftswissenschaftler und Diplomat

Orlando Letelier del Solar (* 13. April 1932 in Temuco; † 21. September 1976 in Washington, D.C., USA) war ein chilenischer Diplomat und Politiker (PS). Er wurde im US-amerikanischen Exil auf Befehl des Diktators Augusto Pinochet durch Agenten der chilenischen Geheimpolizei DINA ermordet. Der Mordanschlag in Washington belastete das Verhältnis zwischen Chile und den USA und veranlasste die US-Regierung unter anderem dazu, ihre Unterstützung für die Operation Condor einzustellen.

Orlando Letelier
Orlando Letelier
Denkmal am Ort der Ermordung
Denkmal am Ort der Ermordung
Grab von Orlando Letelier
Orlando Letelier

Letelier wurde als jüngstes Kind der Eheleute Orlando Letelier Ruiz und Inés del Solar Rosenberg in der südchilenischen Kleinstadt Temuco geboren. Er begann seine Schulausbildung am in Chile renommierten Instituto Nacional in Santiago. Mit 16 Jahren wurde er als Kadett in der Militärakademie in Chile aufgenommen, wo er seine weiterführende Schulausbildung fortsetzte. Nachdem er seine Militärlaufbahn beendet hatte, begann er an der Universidad de Chile zu studieren. Hier engagierte er sich erstmals politisch in der Studentenunion. 1954 schloss er sein Studium mit einem juristischen Examen ab.

Am 17. Dezember 1955 heiratete Letelier Isabel Margarita Morel Gumucio. Mit ihr hatte er vier Söhne: Cristian, José, Francisco und Juan Pablo Letelier. Letzterer war zwischen 2006 und 2022 Mitglied des Senates für die Partido Socialista.

1955 begann er seine Tätigkeit beim Departamento del Cobre, dem Vorläufer der heutigen Codelco, wo er als Forschungsanalyst für die Kupferindustrie bis 1959 tätig war. In diesem Jahr trat Letelier der chilenischen Sozialistischen Partei (PS) bei und engagierte sich in Allendes zweitem, erfolglosem Präsidentschaftswahlkampf, woraufhin er von seinem staatlichen Arbeitgeber entlassen wurde.

Letelier wanderte mit seiner Familie nach Venezuela aus, wo er als Berater des Finanzministeriums für Kupfer tätig wurde. Dort begann seine Karriere als Leitender Wirtschaftsfachmann der Interamerikanischen Entwicklungsbank und Direktor der Kreditabteilung. Als UN-Berater war er auch verantwortlich für die Gründung der Asiatischen Entwicklungsbank.

Regierungsmitglied unter Salvador Allende

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1971 berief der sozialistische chilenische Präsident Salvador Allende Orlando Letelier zum Botschafter seines Landes in den Vereinigten Staaten. Seine wichtigste Herausforderung bestand darin, der US-Regierung die Verstaatlichung der in Besitz von US-Firmen befindlichen chilenischen Kupferbergwerke zu erklären. 1973 wurde Letelier Außenminister, innerhalb weniger Monate dann Innenminister und zuletzt Verteidigungsminister Chiles.

Verfolgung unter Augusto Pinochet

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Nach dem Militärputsch am 11. September 1973 wurde Letelier beim Betreten seiner Amtsräume im Verteidigungsministerium festgenommen und zunächst im Tacna-Regiment, dann in der Militärakademie gefoltert. Später wurde er acht Monate in ein Gefängnis für politische Gefangene auf der Insel Dawson im Feuerland-Archipel verschleppt, von wo er über ein Gebäude der Luftwaffenakademie in das Konzentrationslager Ritoque gelangte. Nach seiner Freilassung im September 1974 aufgrund massiven diplomatischen Drucks durch den venezolanischen Gouverneur Diego Arria begab er sich nach Caracas. Auf Vorschlag des amerikanischen Schriftstellers Saul Landau, der am Institute for Policy Studies arbeitete, reiste Letelier 1975 nach Washington, D.C. und nahm dort seine Tätigkeit für das Institute for Policy Studies auf.

Ermordung

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Letelier wurde gemeinsam mit seiner amerikanischen Assistentin Ronni Karpen Moffitt durch eine Autobombe im Sheridan Circle in Washington D.C. am 21. September 1976 ermordet. Ihr Ehemann Michael Moffitt wurde dabei zwar verletzt, überlebte aber.

Vertrauliche US-Regierungsdokumente, die im Oktober 2015 auf Beschluss der Regierung Barack Obamas freigegeben und durch Außenminister John Kerry der chilenischen Präsidentin Michelle Bachelet persönlich übergeben wurden, belegen, dass der chilenische Staatspräsident und Diktator Augusto Pinochet persönlich den Mord angeordnet und seinen Geheimdienstchef Manuel Contreras damit beauftragt hatte.[1] Contreras selbst hatte seine Beteiligung stets abgestritten und stattdessen den US-Auslandsgeheimdienst CIA für den Mord verantwortlich gemacht. Aus den freigegebenen Dokumenten geht weiterhin hervor, dass Pinochet beabsichtigte, Contreras ermorden zu lassen, um zu verhindern, dass dieser über den von Pinochet ergangenen Mordbefehl aussagen könne.[1]

In einem Leserbrief vom 17. Dezember 2004 an die Los Angeles Times schrieb Leteliers Sohn Francisco, dass der Mord an seinem Vater Teil der Operation Condor gewesen sei, den er als geheimdienstliches Netzwerk von sechs südamerikanischen Diktaturen dieser Ära beschrieb, die ihre Dissidenten eliminierten. Darin hob er hervor, dass Pinochet niemals für seine Beteiligung an der Operation Condor angeklagt wurde. Francisco Letelier betonte: „Der Mörder meines Vaters war Teil der Operation Condor.“ Der abgesprungene Agent des israelischen Geheimdienstes Mossad, Victor Ostrovsky, berichtete in seinem Buch „Der Mossad“, dass chilenische DINA-Agenten vor dem Mord an Letelier in Israel in Terror-, Verhör- und Foltermethoden ausgebildet worden waren. Diese Ausbildung fand auf der ehemaligen Luftwaffenbasis Kfar Sirkin bei Tel Aviv statt. Als Verbindungsmann zwischen der chilenischen Diktatur und dem Mossad diente der Chef der DINA, General Contreras.

Strafverfolgung

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Verschiedene Personen wurden des Mordes angeklagt und verurteilt. Unter ihnen befand sich Michael Townley, ein ehemaliger CIA-Agent und Auswanderer, der für die DINA arbeitete; General Manuel Contreras, früherer Chef der DINA; und Brigadier Pedro Espinoza Bravo, der ebenfalls früher bei der DINA gearbeitet hatte. Townley wurde 1978 in den USA verurteilt, Contreras 1993 in Chile zu 12 Jahren Haft. Pinochet stand niemals vor Gericht für die von ihm befohlenen Morde, obwohl Townley ihn als Verantwortlichen belastet hatte. Während seines Gerichtsverfahrens gestand Townley, dass er die Autobombe an Leteliers Wagen angebracht hatte und verbrachte dafür 62 Monate in Haft.[2] Der ehemalige chilenische Geheimpolizist Armando Fernández Larios gestand 1987 vor Gericht in Washington seine Tatbeteiligung. Er habe den Befehl ausgeführt, Leteliers Aufenthaltsorte und Tagesabläufe auszukundschaften.[2]

Anzeichen für Kenntnis der USA

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Später veröffentlichte CIA-Dokumente bestätigen, dass die CIA eng mit Contreras bis zu und selbst nach Leteliers Ermordung verbunden war. Armando Fernández, der ebenfalls in den Mord verwickelt war, wurde auf Drängen des Botschafters der USA in Paraguay, Robert White, ein Visum erteilt, obwohl er gefälschte paraguayische Pässe vorlegte.

Von John Dinges 1999 und 2000 veröffentlichte Dokumente belegen, „dass die CIA zwei Monate vor dem Mord an Letelier über geheimdienstliche Insider-Informationen zum Mord-Komplott verfügte, aber nichts zur Verhinderung der Pläne unternahm“. Die CIA wusste ebenfalls von einem uruguayischen Mordversuch an dem US-Kongressabgeordneten und späteren New Yorker Bürgermeister Ed Koch, den der spätere CIA-Direktor George Bush sr. erst nach dem Mord an Orlando Letelier warnte.

Kenneth Maxwell betonte, dass die US-Politiker nicht nur allgemein über die Operation Condor informiert waren, sondern auch speziell „… dass ein chilenisches Mordteam plante, in die Vereinigten Staaten einzureisen.“ Einen Monat vor dem Mord an Letelier befahl Kissinger: „… dass die beteiligten lateinamerikanischen Herrscher zu informieren seien, dass der Mord an Subversiven, Politikern und prominenten Persönlichkeiten sowohl innerhalb der nationalen Grenzen gewisser südamerikanischer Staaten, als auch im Ausland ernste moralische und politische Probleme bereiten würde.“ Maxwell schrieb in seiner Rezension von Peter Kornbluhs Buch: „Diese Demarche wurde scheinbar nicht überbracht: Die US-Botschaft in Santiago de Chile zauderte, weil die Überbringung eines solch harschen Rüffels den Diktator aus der Fassung bringen könnte“ und dass am 20. September 1976, dem Vortag des Mordes an Letelier und seiner Assistentin Moffitt, „das State Departement die Botschafter [instruierte]‚ nichts weiter zu unternehmen in Bezug auf das Condor-Komplott.“Beleg?

Wichtige US-Politiker sollen die Ermordung Leteliers begrüßt haben. So berichtete der Journalist Brian Crozier, der Präsidentschaftskandidat Ronald Reagan habe im Juli 1980 ihm gegenüber geäußert, „es sei eine gute Sache, dass Letelier abgemurkst wurde“.[3] Reagans damaliger Vizepräsidentschaftskandidat, George Bush sr., war zum Zeitpunkt der Ermordung Leteliers Direktor der CIA.

Siehe auch

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Literatur

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  • Schatten des Condor. In: Der Spiegel. Nr. 27, 1993, S. 98 (online).
  • John Dinges, Saul Landau: Assassination on Embassy Row. McGraw-Hill, London 1981, ISBN 0-07-016998-5; Pantheon NY 1980, ISBN 0-906495-43-1.
  • John Dinges: The Condor Years. The New Press, New York 2004, ISBN 1-56584-764-4.
  • Christopher Hitchens: The Trial of Henry Kissinger. Verso, London/New York 2001, ISBN 1-85984-631-9.
  • Taylor Branch, Eugene M Propper: Labyrinth. Penguin Books, New York, N.Y. 1983, ISBN 0-14-006683-7.
  • Alan McPherson: Ghosts of Sheridan Circle. How a Washington Assassination Brought Pinochet’s Terror State to Justice, Chapel Hill (University of North Carolina Press) 2019. ISBN 978-1-4696-5352-5

Einzelnachweise

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  1. a b Guardian: Pinochet directly ordered killing on US soil of Chilean diplomat, papers reveal, 8. Oktober 2015
  2. a b Chilean Admits Role in '76 Murder. In: New York Times vom 8. Februar 1987, abgerufen am 17. November 2015 (englisch)
  3. Summary of a Tete-a-tete Conversation with Ronald Reagan in His Home at Pacific Palisades outside Los Angeles 8 July. 1980. In: Brian Crozier Papers. Box 3. Folder 4., Hoover Institution on War, Revolution and Peace, Juli 1980.
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Commons: Orlando Letelier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien