August Klingemann

deutscher Schriftsteller der Romantik

Ernst August Friedrich Klingemann (* 31. August 1777 in Braunschweig; † 25. Januar 1831 ebenda) war ein deutscher Schriftsteller der Romantik und Theaterregisseur. Laut neuerer Forschung ist er der Verfasser des berühmten Romans Nachtwachen (1804), der unter dem Pseudonym „Bonaventura“ veröffentlicht wurde und deshalb allgemein als Die Nachtwachen von Bonaventura bekannt ist.

Ernst August Friedrich Klingemann (Bonaventura)
 
Klingemanns Grab

Ernst August Friedrich Klingemann, Sohn eines Kopisten, wurde 1777 in Braunschweig geboren. Früh schon entwickelte er ein Interesse am Theater, das sein ganzes Leben anhalten sollte. Nachdem er erfolgreich seine Schulausbildung am Collegium Carolinum in Braunschweig absolviert hatte, ging Klingemann 1798 nach Jena, wo er Jura und Philosophie studierte. Dort hörte er u. a. Vorlesungen von Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und August Wilhelm Schlegel und befreundete sich mit Clemens Brentano.

 
Straßenschild in Braunschweig zur Erinnerung an Ernst Friedrich August Klingemann

1801 brach er das Studium ab und ging zurück nach Braunschweig, wo er sich an der Redaktion der Zeitung für die elegante Welt beteiligte. 1810 heiratete er Elise Anschütz, die Schauspielerin bei der „Waltherschen Gesellschaft“ war. Klingemann wurde im selben Jahr Oberregisseur dieser Kompagnie. Ab 1818 war er Direktor des Braunschweiger Nationaltheaters, das aus der „Waltherschen Gesellschaft“ hervorging. An diesem Theater brachte Klingemann Goethes Faust I in eine für das Theater geeignete Fassung, die er als Regisseur am 19. Januar 1829 erstmals aufführen ließ. Im selben Jahr nahm Klingemann eine Professur an seiner alten Schule, dem Collegium Carolinum, an. Bereits ein Jahr später war er jedoch wieder als Direktor am Theater, das seit 1826 den Namen „Herzogliches Hoftheater“ trug. Im Jahr darauf starb Klingemann. Sein Grab befindet sich auf dem Domfriedhof in Braunschweig. In seiner Heimatstadt ist im Östlichen Ringgebiet eine Straße nach ihm benannt.

Die Nachtwachen des Bonaventura

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Die Urheberschaft des Romans Nachtwachen war über ein Jahrhundert lang umstritten. Die Germanistik hat das Werk zeitweilig unter anderem Clemens Brentano, E.T.A. Hoffmann, Karl Friedrich Gottlob Wetzel und Caroline Schelling zugeschrieben. Jean Paul vermutete in seinen „Reminiszenzen und Lizenzen“ zu seinem Gianozzo, dass Friedrich Wilhelm Joseph Schelling hinter dem Werk stecke. Heute nimmt man aufgrund der Forschungen Jost Schillemeits und Horst Fleigs mit großer Sicherheit an, Klingemann habe den Roman verfasst. 1987 veröffentlichte Ruth Haag in der Zeitschrift Euphorion den Artikel Noch einmal: Der Verfasser der Nachtwachen von Bonaventura und berichtete von einem besonderen Fund. In einer Handschriften-Sammlung der Universität von Amsterdam fand sie eine Liste der Veröffentlichungen Klingemanns, in der dieser handschriftlich vermerkt „Nachtwachen. Penig. Dienemann. 1804“ und somit die Urheberschaft der Nachtwachen für sich beansprucht.[1]

 
Theaterzettel der Uraufführung von Goethes „Faust I“ im Braunschweiger Hof-Theater am 19. Januar 1829.

Klingemann verfasste viele Romane und Dramen, die im Geiste der Romantik geschrieben sind und sich seinerzeit großer Beliebtheit erfreuten. Eine Zeitlang gehörte er zu den meistgespielten Theaterschriftstellern Deutschlands.

Romane

  • Wildgraf Eckard von der Wölpe (Braunschweig 1795)
  • Die Ruinen im Schwarzwalde (2 Bände, Braunschweig 1798/99)
  • Romano (2 Bände, Braunschweig 1800/01)
  • Albano, der Lautenspieler (Leipzig 1802)
  • Nachtwachen. Von Bonaventura (Penig 1804) (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv sowie librivox)

Dramen

  • Ahnenstolz. Lustspiel in fünf Aufzügen nach Cramer (Braunschweig 1795) [Neuausgabe (mit einem Nachwort hg. von Manuel Zink) Hannover 2012, ISBN 978-3-86525-274-6]
  • Die Asseburg. Historisch-romantisches Gemälde (2 Bände, Braunschweig 1796/97)
  • Die Maske (Braunschweig 1797)
  • Fehltritt aus Schwärmerei. Lustspiel in einem Aufzuge (Braunschweig 1797) (Digitalisat)
  • Selbstgefühl. Ein Charaktergemälde in fünf Aufzügen (Braunschweig 1800) [Neuausgabe (mit einem Nachwort hg. von Manuel Zink) Hannover 2013, ISBN 978-3-86525-350-7]
  • Der Schweizerbund (2 Bände, Leipzig 1804/05)
  • Freimütigkeiten. Ein...blöder Mitbewerber um den vom Herrn v. Kotzebue ausgesetzten Preis für das beste Lustspiel (Lüneburg 1804)
  • Der Lazzaroni oder Der Bettler von Neapel (Hamburg 1805)
  • Heinrich von Wolfenschießen (Leipzig 1806)
  • Columbus (Stuttgart/Tübingen 1808)
  • Heinrich der Löwe. Eine historische Tragödie in fünf Akten (Tübingen 1808); Neuausgabe mit einem Nachwort hg. von Eberhard Rohse, Braunschweig 1996 (= Schriften der Literarischen Vereinigung Braunschweig, Bd. 43)
  • Cromwell (Stuttgart/Tübingen 1811)
  • Moses. Ein dramatisches Gedicht (Helmstedt 1812)
  • Schill oder das Declamatorium in Krähwinkel. Posse (Helmstedt 1812)
  • Faust (Leipzig 1815) (UA am 26. April 1812 Königsberg; Musik: Friedr. Adam Hiller)
  • Don Quixote und Sancho Pansa. Dramatisches Spiel mit Gesang (Leipzig 1815)
  • Deutsche Treue (Helmstedt 1816)
  • Die Grube zur Dorothea (Helmstedt 1817)
  • Das Kreuz im Norden (Braunschweig 1818)
  • Ferdinand Cortez, oder: die Eroberung von Mexiko (Braunschweig 1818)
  • Die Witwe von Ephesus Lustspiel in einem Acte (Wien 1818) (Digitalisat)
  • Der Falkenstein. Drama in Einem Akte (Braunschweig 1822; Uraufführung 1821) (Digitalisat)
  • Ahasver (Braunschweig 1827)
  • Melpomene. Enthält die Dramen: Die Braut von Kynast und Bianca di Sepolcro (Braunschweig 1830)

Literatur- und kunsttheoretische Schriften (in Auswahl)

  • Memnon. Eine Zeitschrift (Leipzig 1800)
  • Was für Grundsätze müssen eine Theaterdirektion bei der Auswahl der aufzuführenden Stücke leiten? (Leipzig 1802)
  • Über Schillers Tragödie: Die Jungfrau von Orleans (Leipzig 1802)
  • Über die romantische Tragödie (Stuttgart/Tübingen 1808)
  • Vorlesungen für Schauspieler (Helmstedt 1818)
  • Über den Geist der tragischen Kunst (Stuttgart/Tübingen 1820)
  • Kunst und Natur. Blätter aus meinem Reisetagebuche (3 Bände, Braunschweig 1819, 1821, 1828)
  • Allgemeiner deutscher Theater-Almanach für das Jahr 1822 (Braunschweig 1822)
  • Theaterschriften (mit einem Nachwort hg. von Alexander Košenina, Hannover 2012, ISBN 978-3-86525-273-9)

Briefe

Schüler

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Literatur

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Monographien
  • Lothar Baus: Goethes „Schattenehe“ mit Charlotte von Stein. Die wirklichen Eltern des romantischen Dichters und Theaterdirektors August Klingemann (1777–1831). Asclepius-Edition, Homburg 2001, ISBN 3-935288-06-9.
  • Hugo Burath: August Klingemann und die deutsche Romantik. Verlag Vieweg, Braunschweig 1948 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Horst Fleig: Literarischer Vampirismus. Klingemanns „Nachtwachen von Bonaventura“. Niemeyer, Tübingen 1985, ISBN 3-484-18083-8.
  • Nils Gelker, Manuel Zink (Hrsg.): „Meister in der Kunst des Amalgamirens“. Untersuchungen zu August Klingemanns Werk. Wehrhahn, Hannover 2020, ISBN 978-3-86525-782-6.
  • Jost Schillemeit: Bonaventura, der Verfasser der „Nachtwachen“. Beck, München 1973, ISBN 3-406-04972-9.
  • Jost Schillemeit (Hrsg.): Nachtwachen von Bonaventura. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-458-31789-9.
  • August Klingemann: Nachtwachen von Bonaventura. Freimüthigkeiten. Hrsg. von Jost Schillemeit. Wallstein Verlag, Göttingen 2012, ISBN 978-3-8353-0831-2.
  • Manuel Zink: Musealisierung als wirkungsästhetisches Prinzip. Studien zu August Klingemann. Wallstein Verlag, Göttingen 2022, ISBN 978-3-8353-5066-3.
Aufsätze
  • Manfred Engel: Auf der Suche nach dem Positiven. Die Kritik an Subjektivismus und romantischer Romanform in Klingemanns „Nachtwachen“ und Immermanns „Münchhausen“. In: Günter Blamberger u. a. (Hrsg.): Studien zur Literatur des Frührealismus. Lang, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-631-43270-4, S. 17–44.
  • Horst Fleig: Zersprungene Identität. Klingemann - Nachtwachen von Bonaventura (1973). Das Typoskript erschien 1974 als Beigabe zu: Horst Fleig: Sich versagendes Erzählen (Fontane) (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik. Band 145). Kümmerle Verlag, Göppingen 1974.
  • Ruth Haag: Noch einmal. Der Verfasser der „Nachtwachen von Bonaventura“, 1804. In: Euphorion. Band 81, 1987.
  • Jürgen Peters: August Klingemann, „Tanzt nur wieder fort, ihr Larven“. In: Jürgen Peters: Von Dichterfürsten und anderen Poeten. Kleine niedersächsische Literaturgeschichte. Band 1. Revonnah-Verlag, Hannover 1993, ISBN 3-927715-29-8, S. 211–217.
  • Joseph KürschnerKlingemann, August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 16, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 187–189.
  • Eberhard Rohse: Chiavenna in Braunschweig. August Heinrich Klingemanns „Heinrich der Löwe“ zwischen Historizität, Patriotismus und tragischer Kunst. In: August Klingemann: Heinrich der Löwe. Eine historische Tragödie in fünf Akten (1808). Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Eberhard Rohse. Braunschweig 1996 (= Schriften der Literarischen Vereinigung Braunschweig. Band 43), S. 92–137 (mit Werk- und Forschungsbibliographie: S. 139–147).
  • Jost Schillemeit: Klingemann, August. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 78 f. (Digitalisat).
  • Sven Hanuschek: [Artikel] Ernst August Klingemann. In: Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): Kindlers Literatur Lexikon. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. 18 Bände. Metzler, Stuttgart/Weimar 2009, ISBN 978-3-476-04000-8, Band 9, S. 164 f. (Biogramm, Werkartikel zu Nachtwachen von Bonaventura).
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Wikisource: August Klingemann – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Abbildung auf der Webseite von Ruth Fleig und Horst Fleig, abgerufen am 5. Juli 2024.