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RE:Einhorn

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Fabeltier, das in Indien und Aithiopien heimisch sei, eine Art wilder Esel
Band V,2 (1905) S. 2114 (IA)–2115
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Einhorn (μονόκερως, indisch καρτάνωνον nach Megasthenes-Aelian n. a. XVI 20, vgl. Hes. s. μονοκέρατος ἢ μονόκερως), ein fabelhaftes Tier, das in Indien und Aithiopien (Plin. n. h. VIII 72 aus Iuba-Agatharchidas) heimisch sein sollte. Die sämtlichen Berichte der Alten über das Fabelwesen gehen auf Ktesias, den Leibarzt Artaxerxes II. Mnemon zurück, der es zuerst in seinen Ἰνδικά beschrieben hatte (Ctesiae Cnidii oper. reliq. ed. Baehr p. 254. 329). Nach seiner Beschreibung ist es eine Art wilder Esel von der Größe eines Pferdes mit weißem Leib, purpurrotem Kopf, dunkelblauen Augen und mit einem 11/2 Ellen langen Horn auf der Stirn, das unten weiß, in der Mitte schwarz und oben purpurfarben sei. Die vornehmen Inder verwandten es bei ihren Gelagen als Trinkhorn, und ein Trunk aus ihm sollte vor Krämpfen, Fallsucht und vor Gift schützen (Ctes. reliq. a. a. O. Ael. n. a. IV 52). Es soll allein von allen Einhufern ein Würfelbein haben und an Schnelligkeit Pferden und Hirschen überlegen sein; als Waffe diene ihnen ihr Horn, dessen Stößen nichts zu widerstehen vermöge. Man erlege es mit Wurfspießen und Pfeilen; das Fleisch sei wegen seines bitteren Geschmackes ungenießbar. Aristoteles (h. a. II 1 § 18, vgl. de part. anim. III 2, 63 Langk.) eröffnet den Reigen der Autoren, die gläubig des Ktesias Fabeleien hingenommen haben. Megasthenes machte aus dem Esel ein Pferd mit einem Hirschkopf und Elefantenfüßen und gab ihm ein zwei Ellen langes Horn (Strab. XV 710, ausführlicher Ael. XVI 20. Iuba bei Plin. n. h. VIII 76, vgl. Münzer Beiträge zur Quellenkritik der Naturgesch. des Plin. 418. Solin. 190, 9 aus Plin. Isid. orig. XII 2, 12. 13 aus Solin und Greg. moral. 31, 15, 29). Aelian (n. a. III 41) unterscheidet dann zwischen einhörnigen Pferden und einhörnigen Eseln Indiens. Apollonios von Tyana will nach der philostratischen Beschreibung seiner Reisen (vit. Apoll. III 2) das Fabeltier gesehen haben. In der griechischen Übersetzung des alten Testaments findet sich der μονοκέρως an zwei Stellen: V Mos. 33, 17 und Buch Hiob 39, 9, wo Luther es mit E. übersetzt hat. In der christlichen Kirche galt bald das Horn, bald das Tier als Symbol Christi (Tert. adv. Marc. III 18. Greg. mor. a. a. O.). Vgl. Kraus Realencyclop. der christl. Altertüm. I 398. Nach dem, was Isidor (a. a. O.) berichtet, [2115] ist nicht daran zu zweifeln, daß wir unter dem fabelhaften Tier des Megasthenes das einhörnige indische Rhinozeros (Rhinoceros Indicus) zu verstehen haben. Was aber Ktesias mit seinem μονόκερως gemeint hat, ob eine Art der Säbelantilope oder des Narwal (Monodon Monoceras), muß dahingestellt bleiben; vgl. J. W. v. Müller Das Einhorn vom geschichtlichen und naturwiss. Standpunkte betrachtet, 1853.