Bundestagswahl 1969

Wahl zum 6. Deutschen Bundestag am 28. September 1969
1965Wahl zum
6. Bundestag 1969
1972
(Zweitstimmen) [1]
 %
50
40
30
20
10
0
46,1
42,7
5,8
4,3
1,1
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 1965[2]
 %p
   4
   2
   0
  −2
  −4
−1,5
+3,4
−3,7
+2,3
−0,5

Die Bundestagswahl 1969 fand am 28. September 1969 statt; es war die Wahl zum 6. Deutschen Bundestag. Nach dieser Wahl konstituierte sich erstmals in der damals 20-jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine sozialliberale Koalition auf Bundesebene. Erstmals stellten die Unionsparteien nicht mehr den Bundeskanzler, obwohl sie weiterhin (wie ununterbrochen von der Bundestagswahl 1949 bis zur Bundestagswahl 1972) die größte Bundestagsfraktion bildeten.

   
Insgesamt 518 Sitze
Verhältnis Regierung-Opposition im
6. Deutschen Bundestag
  
Insgesamt 518 Sitze

Hintergrund

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Willy Brandt beim Interview mit Peter Merseburger am Wahlabend
 
Wahlplakat der CSU 1969

Dem vorausgegangen war 1966 ein Kanzlerwechsel in der laufenden Legislaturperiode. Bundeskanzler Ludwig Erhard war am 30. November 1966 zurückgetreten, nachdem die Koalition aus CDU/CSU und FDP an Fragen der Wirtschaftspolitik zerbrochen war. Zu seinem Nachfolger wurde der bisherige Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Kurt Georg Kiesinger, gewählt, der eine Große Koalition aus CDU/CSU und SPD bildete (Kabinett Kiesinger). Bundesaußenminister und Vizekanzler wurde Willy Brandt, zuvor Regierender Bürgermeister von Berlin. Die Berufung in die Bundesregierung war ausschlaggebend für Willy Brandt, entgegen einem nach der Bundestagswahl 1965 erklärten Verzicht auf eine erneute Kanzlerkandidatur doch wieder anzutreten.

Brandt trat mithin zum dritten Mal als Kanzlerkandidat der SPD an, Kiesinger für die CDU/CSU das erste Mal.

Vorbote eines Machtwechsels hin zu einer sozialliberalen Koalition war im März 1969 die Bundespräsidentenwahl, bei der der Sozialdemokrat Gustav Heinemann mit den Stimmen von SPD und FDP gewählt worden war.

Zum zweiten Mal nach 1949 erhielten die regierungsbildenden Parteien bei einer Wahl weniger als die Hälfte der abgegebenen Stimmen. SPD und FDP erhielten eine Mehrheit der Mandate im Bundestag, weil die NPD mit 4,3 % an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war.

Noch in der Wahlnacht vereinbarten Brandt und FDP-Chef Walter Scheel die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen.

Es war die letzte Bundestagswahl, bei der das Wahlalter für das aktive Wahlrecht noch bei 21 Jahren und für das passive Wahlrecht bei 25 Jahren lag. Denn innerhalb eines Jahres nach der Wahl wurde bereits am 31. Juli 1970 das passive Wahlrecht gesetzlich an die Volljährigkeit gekoppelt (damals noch 21 Jahre) und das aktive Wahlrecht auf 18 Jahre und damit erstmals unter das jeweilige Volljährigkeitsalter abgesenkt.[3]

Amtliches Endergebnis

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Parteien Erststimmen Zweitstimmen Mandate Berliner
Abg.
Anzahl % +/- Direkt-
mandate
Anzahl % +/- Listen-
mandate
Gesamt +/-
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 14.402.374 44,0 +4,0 127 14.065.716 42,7 +3,4 97 224 +22 13
Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) 12.137.148 37,1 –1,8 87 12.079.535 36,6 –1,3 106 193 –3 8
Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) 3.094.176 9,5 –0,4 34 3.115.652 9,5 –0,2 15 49
Freie Demokratische Partei (FDP) 1.554.651 4,8 –3,1 1.903.422 5,8 –3,7 30 30 –19 1
Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 1.189.375 3,6 +1,8 1.422.010 4,3 +2,3
Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF) 209.180 0,6 N/A 197.331 0,6 N/A
Bayernpartei (BP) 54.940 0,2 N/A 49.694 0,2 N/A
Europa-Partei (EP) 20.927 0,1 ±0,0 49.650 0,2 +0,1
Gesamtdeutsche Partei Deutschlands (GPD) N/A 45.401 0,1 N/A
Freisoziale Union – Demokratische Mitte (FSU) 10.192 0,0 ±0,0 16.371 0,0 ±0,0
Zentrumspartei (Zentrum) N/A 15.933 0,0 N/A
Unabhängige Arbeiter-Partei (UAP) 1.531 0,0 ±0,0 5.309 0,0 ±0,0
Deutsche Volkspartei (DV) 461 0,0 N/A N/A
Wählergruppen/Einzelbewerber 38.561 0,1 +0,1
Gesamt 32.713.516 100 248 32.966.024 100 248 496 22
Ungültige Stimmen 809.548 2,4 –0,5 557.040 1,7 –0,7
Wähler 33.523.064 86,7 –0,1 33.523.064 86,7 –0,1
Wahlberechtigte 38.677.235 38.677.235
Quelle: Der Bundeswahlleiter

Ergebnisse in den Bundesländern

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Ergebnis der Bundestagswahl 1969 in Baden-Württemberg[4][5]
Gegenstand der
Nachweisung
Erst-
stimmen
Zweit-
stimmen
Sitze Direkt-
mandate
Anzahl % Anzahl %
Wahlberechtigte 5.510.280 100,0 5.510.280 100,0
Wähler 4.690.427 85,1 4.690.427 85,1
Ungültig 137.152 2,9 105.661 2,3
Gültig 4.553.275 100,0 4.584.766 100,0 70 36
davon:
CDU 2.324.562 51,1 2.322.349 50,7 37 27
SPD 1.723.471 37,9 1.675.702 36,5 27 9
FDP 305.433 6,7 343.350 7,5 6
NPD 171.927 3,8 207.900 4,5
ADF 24.523 0,5 21.927 0,5
EP 1.343 0,0 8.174 0,2
GPD 2.830 0,1
FSU 430 0,0 2.534 0,1
Einzelbewerber 1.586 0,0
Ergebnis der Bundestagswahl 1969 in Bayern[4][5]
Gegenstand der
Nachweisung
Erst-
stimmen
Zweit-
stimmen
Sitze Direkt-
mandate
Anzahl % Anzahl %
Wahlberechtigte 6.851.646 100,0 6.851.646 100,0
Wähler 5.837.724 85,2 5.837.724 85,2
Ungültig 158.592 2,7 107.236 1,8
Gültig 5.679.132 100,0 5.730.488 100,0 84 44
davon:
CSU 3.094.176 54,5 3.115.652 54,4 49 34
SPD 2.040.198 35,9 1.983.020 34,6 31 10
NPD 257.619 4,5 303.828 5,3
FDP 193.956 3,4 232.880 4,1 4
BP 54.940 1,0 49.694 0,9
ADF 30.665 0,5 25.431 0,4
EP 4.008 0,1 9.044 0,2
GPD 8.485 0,1
FSU 557 0,0 2.454 0,0
Einzelbewerber 3.013 0,1
Ergebnis der Bundestagswahl 1969 in Bremen[4][5]
Gegenstand der
Nachweisung
Erst-
stimmen
Zweit-
stimmen
Sitze Direkt-
mandate
Anzahl % Anzahl %
Wahlberechtigte 524.110 100,0 524.110 100,0
Wähler 452.373 86,3 452.373 86,3
Ungültig 11.049 2,4 5.013 1,1
Gültig 441.324 100,0 447.360 100,0 5 3
davon:
SPD 235.823 53,4 232.779 52,0 3 3
CDU 144.234 32,7 144.422 32,3 2
FDP 35.011 7,9 41.554 9,3
NPD 17.556 4,0 19.723 4,4
ADF 6.651 1,5 6.535 1,5
EP 2.049 0,5 1.897 0,4
FSU 450 0,1
Ergebnis der Bundestagswahl 1969 in Hamburg[4][5]
Gegenstand der
Nachweisung
Erst-
stimmen
Zweit-
stimmen
Sitze Direkt-
mandate
Anzahl % Anzahl %
Wahlberechtigte 1.341.494 100,0 1.341.494 100,0
Wähler 1.174.981 87,6 1.174.981 87,6
Ungültig 14.397 1,2 8.172 0,7
Gültig 1.160.584 100,0 1.166.809 100,0 17 8
davon:
SPD 670.856 57,8 637.051 54,6 10 8
CDU 392.088 33,8 397.246 34,0 6
FDP 45.340 3,9 73.206 6,3 1
NPD 33.886 2,9 40.814 3,5
ADF 13.114 1,1 13.653 1,2
EP 2.980 0,3 3.329 0,3
FSU 1.305 0,1 1.510 0,1
Einzelbewerber 1.015 0,1
Ergebnis der Bundestagswahl 1969 in Hessen[4][5]
Gegenstand der
Nachweisung
Erst-
stimmen
Zweit-
stimmen
Sitze Direkt-
mandate
Anzahl % Anzahl %
Wahlberechtigte 3.573.336 100,0 3.573.336 100,0
Wähler 3.151.868 88,2 3.151.868 88,2
Ungültig 73.371 2,3 53.835 1,7
Gültig 3.078.497 100,0 3.098.033 100,0 46 22
davon:
SPD 1.557.796 50,6 1.492.916 48,2 24 20
CDU 1.193.890 38,8 1.190.642 38,4 19 2
FDP 168.231 5,5 208.325 6,7 3
NPD 132.808 4,3 158.705 5,1
ADF 23.333 0,8 22.137 0,7
EP 2.303 0,1 6.550 0,2
UAP 136 0,0
Ergebnis der Bundestagswahl 1969 in Niedersachsen[4][5]
Gegenstand der
Nachweisung
Erst-
stimmen
Zweit-
stimmen
Sitze Direkt-
mandate
Anzahl % Anzahl %
Wahlberechtigte 4.760.938 100,0 4.760.938 100,0
Wähler 4.164.690 87,5 4.164.690 87,5
Ungültig 78.683 1,9 59.060 1,4
Gültig 4.086.007 100,0 4.105.630 100,0 63 30
davon:
CDU 1.860.364 45,5 1.854.514 45,2 30 12
SPD 1.851.232 45,3 1.797.376 43,8 29 18
FDP 191.416 4,7 230.471 5,6 4
NPD 156.469 3,8 188.272 4,6
ADF 18.233 0,4 17.183 0,4
GPD 9.732 0,2
EP 3.348 0,1 5.394 0,1
FSU 2.128 0,1 2.688 0,1
Einzelbewerber 2.817 0,1
Ergebnis der Bundestagswahl 1969 in Nordrhein-Westfalen[4][5]
Gegenstand der
Nachweisung
Erst-
stimmen
Zweit-
stimmen
Sitze Direkt-
mandate
Anzahl % Anzahl %
Wahlberechtigte 11.259.648 100,0 11.259.648 100,0
Wähler 9.827.911 87,3 9.827.911 87,3
Ungültig 236.654 2,4 140.798 1,4
Gültig 9.591.257 100,0 9.687.113 100,0 151 73
davon:
SPD 4.575.554 47,7 4.534.471 46,8 73 47
CDU 4.253.791 44,4 4.222.914 43,6 69 26
FDP 412.187 4,3 526.861 5,4 9
NPD 243.769 2,5 295.972 3,1
ADF 66.426 0,7 64.824 0,7
Zentrum 15.114 0,2
EP 2.135 0,0 10.588 0,1
FSU 5.409 0,1 6.735 0,1
UAP 1.395 0,0 5.309 0,1
GPD 4.325 0,0
DV 461 0,0
Einzelbewerber 30.130 0,3
Ergebnis der Bundestagswahl 1969 in Rheinland-Pfalz[4][5]
Gegenstand der
Nachweisung
Erst-
stimmen
Zweit-
stimmen
Sitze Direkt-
mandate
Anzahl % Anzahl %
Wahlberechtigte 2.410.176 100,0 2.410.176 100,0
Wähler 2.097.308 87,0 2.097.308 87,0
Ungültig 49.143 2,3 41.208 2,0
Gültig 2.048.165 100,0 2.056.100 100,0 31 16
davon:
CDU 990.951 48,4 982.640 47,8 16 10
SPD 843.627 41,2 825.379 40,1 13 6
FDP 108.694 5,3 128.650 6,3 2
NPD 93.078 4,5 107.780 5,2
ADF 11.815 0,6 11.651 0,6
Ergebnis der Bundestagswahl 1969 im Saarland[4][5]
Gegenstand der
Nachweisung
Erst-
stimmen
Zweit-
stimmen
Sitze Direkt-
mandate
Anzahl % Anzahl %
Wahlberechtigte 734.096 100,0 734.096 100,0
Wähler 653.882 89,1 653.882 89,1
Ungültig 23.362 3,6 18.997 2,9
Gültig 630.520 100,0 634.885 100,0 8 5
davon:
CDU 294.522 46,7 292.986 46,1 4 3
SPD 261.209 41,4 253.485 39,9 4 2
FDP 35.895 5,7 42.254 6,7
NPD 30.664 4,9 36.104 5,7
ADF 8.230 1,3 7.609 1,2
EP 1.628 0,3
Zentrum 819 0,1
Ergebnis der Bundestagswahl 1969 in Schleswig-Holstein[4][5]
Gegenstand der
Nachweisung
Erst-
stimmen
Zweit-
stimmen
Sitze Direkt-
mandate
Anzahl % Anzahl %
Wahlberechtigte 1.711.511 100,0 1.711.511 100,0
Wähler 1.471.900 86,0 1.471.900 86,0
Ungültig 27.145 1,8 17.060 1,2
Gültig 1.444.755 100,0 1.454.840 100,0 21 11
davon:
CDU 682.746 47,3 671.822 46,2 10 7
SPD 642.608 44,5 633.537 43,5 10 4
FDP 58.488 4,0 75.871 5,2 1
NPD 51.599 3,6 62.912 4,3
ADF 6.190 0,4 6.381 0,4
EP 2.761 0,2 3.046 0,2
GPD 1.271 0,1
FSU 363 0,0
 
Erststimmenmehrheiten in den Wahlkreisen:
  • SPD
  • CDU/CSU
  • Konsequenzen

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    Mögliche Koalitionen Sitze
    Sitze gesamt 518
    voll stimmberechtigt 496
    Zweidrittel-Mehrheit 331
                CDU/CSU, SPD 487
    Absolute Mehrheit 249
                CDU/CSU, FDP 281
                SPD, FDP 268

    Am 21. Oktober 1969 wurde Willy Brandt mit einer knappen Mehrheit der sozialliberalen Koalition zum Bundeskanzler gewählt. Damit war er der erste sozialdemokratische Kanzler der Bundesrepublik. Die Regierungsbildung, vom Wahltag bis zur Kabinettsvereidigung am 22. Oktober, dauerte insgesamt nur 24 Tage – wesentlich kürzer als bei allen vorangegangenen Wahlen. Die sozialliberale Koalition bestand noch bis 1982 fort.

    Die FDP geriet durch die Abwendung von der Union in heftige Flügelkämpfe. Ein Teil der FDP organisierte sich in der National-Liberalen Aktion und später in der Deutschen Union. Eine Reihe von FDP-Bundestagsabgeordneten um Siegfried Zoglmann verließ die Partei und wechselte zur Opposition.

    Die NPD konnte ihre Serie von Wahlerfolgen, die sie während der Zeit der großen Koalition erzielt hatte, nicht mehr fortsetzen und scheiterte bei allen im Jahr 1970 stattfindenden Landtagswahlen an der Fünf-Prozent-Hürde. Sie zog erst wieder bei der Landtagswahl in Sachsen 2004 in ein deutsches Landesparlament ein.

    Siehe auch

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    Commons: Bundestagswahl 1969 – Sammlung von Bildern

    Einzelnachweise

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    1. Wahl zum 6. Deutschen Bundestag am 28. September 1969 (Memento vom 6. Mai 2012 im Internet Archive) Der Bundeswahlleiter
    2. Wahl zum 5. Deutschen Bundestag am 19. September 1965 (Memento vom 6. Mai 2012 im Internet Archive) Der Bundeswahlleiter
    3. Siebenundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 31. Juli 1970, BGBl. I S. 1161.
    4. a b c d e f g h i j Ergebnis der Wahl zum 6. Deutschen Bundestag am 28. September 1969 nach Ländern (Memento vom 28. Juli 2013 im Internet Archive) (XLS; 42 kB)
    5. a b c d e f g h i j Sitze der Parteien am 28. September 1969 nach Ländern (Memento vom 17. Juni 2009 im Internet Archive) (XLS; 21 kB)