Elementarteilchen (Originaltitel Les Particules élémentaires) heißt ein 1998 erschienener Roman von Michel Houellebecq. Das wegen seiner provokanten Thesen kontrovers diskutierte Werk entwickelte sich in kurzer Zeit zum Kultbuch.[1]

Die beiden am Ende der 50er Jahre geborenen Halbbrüder Michel Djerzinski und Bruno Clément sind beide Söhne von Janine [Jane], die ihr Leben mit Sexabenteuern und Selbstfindungssuchen verbringt, jedoch unfähig ist, eine emotionale Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen. Beide werden getrennt von Großmüttern aufgezogen. Bruno, der Lehrer wird, entwickelt eine lebenslange Sexbesessenheit, hat aber beim anderen Geschlecht kaum Glück. Der depressiv wirkende Michel, der ein bekannter Forscher auf dem Gebiet der Molekularbiologie wird, zeigt dagegen zeitlebens eher wenig Interesse an Sex und Frauen. Die Zeit, die von dem Roman abgedeckt wird, verbringt Michel mit einer Auszeit von der Forschung, was ihm Kopfschütteln seiner Kollegen einbringt. Die grundverschiedenen Halbbrüder verbindet nur das Schicksal, die einsamen und ungeliebten Söhne einer egoistischen Mutter zu sein. Das Schicksal scheint eine Wendung zu nehmen, als beide mit 40 die Liebe zum ersten Mal kennenlernen. Jedoch ist das Glück für beide nur von kurzer Dauer und endet tragisch. Bruno lernt die ebenso sexbesessene Christiane kennen, die sich in ihn verliebt. Sie besuchen auch das Village Naturiste Cap d’Agde, einen FKK und Swingerurlaubsort. Als sie durch eine Steißbeinnekrose gelähmt wird, geht sie in den Suizid. Bruno verliert darüber den Verstand und verbringt den Rest seines Lebens in einer psychiatrischen Klinik. Michel trifft seine Jugendfreundin Annabelle wieder. Das Glück kommt auch hier zu seinem raschen Ende, als Annabelle an Gebärmutterkrebs erkrankt und sich ebenfalls das Leben nimmt. Michel verliert jede emotionale Bindung an das Leben und widmet sich nun ganz der Forschung. Er entwickelt die theoretischen Grundlagen für eine neue geschlechtslose und unsterbliche Menschenrasse, die die bisherige Menschheit ablösen soll. Diese vermehrt sich durch Klonen, besitzt keine Individualität mehr und kennt weder Alter noch Tod. Doch nicht Michel, der spurlos verschwindet, wobei der Erzähler von einem Selbstmord ausgeht, sondern der bei Erscheinen von Michels Arbeit erst 27-jährige Hubczejak bringt die Ideologie hinter dem Klonen unter das Volk. Er wird jedoch als jemand beschrieben, dessen einzige Leistung eben diese Verbreitung ist.

Interpretation

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Der Erzähler spricht im Roman von zwei großen sogenannten metaphysischen Revolutionen in der Geschichte der Menschheit. Die erste war die Ausbreitung des Christentums. Die zweite kam mit dem Untergang der mittelalterlichen Scholastik und dem Heraufkommen der Neuzeit, die die individuelle Freiheit ins Zentrum setzte. Dieses sogenannte materialistische Zeitalter ist für ihn eine Phase der Zersetzung aller metaphysischen Werte, die seit der 68er-Bewegung und der sogenannten sexuellen Befreiung stark beschleunigt wird. Die dritte metaphysische Revolution sieht er in der Überwindung der individuellen Freiheit, die für ihn eine Quelle des Leids ist. Diese soll durch die Vision der Schaffung eines neuen Menschen mit Hilfe der Biotechnologie möglich werden. Im Übrigen greift der Autor im Roman die schon im Vorgängerroman Ausweitung der Kampfzone vertretene These auf, dass mit der sexuellen Befreiung die Menschen nun neben einem kapitalistischen Kampf um die Lebensgrundlagen auch noch verstärkt um Sexualpartner konkurrieren müssen. Deutlich kritisiert er dabei auch den Jugendwahn der heutigen westlichen Gesellschaft.

In vielerlei Hinsicht und vor allem mit Blick die Thematik des Klonens lässt sich Die Möglichkeit einer Insel als Fortsetzung von Elementarteilchen betrachten.

Houellebecq setzt sich in seinem Buch mit verschiedenen naturwissenschaftlichen, künstlerischen, religiösen und philosophischen Denkrichtungen auseinander, und zwar mit der Kopenhagener Deutung der Quantenphysik, der Biotechnologie, Aldous Huxleys Schöne neue Welt, dem Positivismus von Auguste Comte und des Wiener Kreises und dem New Age (Esalen), dem Wiener Aktionismus und dem Satanismus.

Rezension

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Der Roman wurde teils als „böse Satire“ bezeichnet, auch wurde ihm Zynismus, Sexismus und Kälte vorgeworfen. Andere Kritiken hingegen bezeichneten das Werk als „tröstlich“.[2]

Auszeichnungen

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Adaptionen

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Im Jahr 2006 (im Februar in Deutschland, im August in Frankreich) kam die gleichnamige Verfilmung von Oskar Roehler in die Kinos. Der Film erhielt den silbernen Bären in Berlin für den besten Darsteller (Moritz Bleibtreu).

Hörspiel

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Literatur

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  • Carola Blod-Reigl: Mutterliebe, Kind und Klon. Zum Konnex von Liebe, Familie und Reproduktionsmedizin bei Fay Weldon und Michel Houellebecq. In: Andreas Kraß, Alexandra Tischel (Hg.): Bündnis und Begehren. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2002. ISBN 3-503-06146-0.
  • Betül Dilmac: Die Vermischung von literarischem und naturwissenschaftlichem Diskurs bei Michel Houellebecq. In: Thomas Klinkert, Monika Neuhofer (Hg.): Theorie – Epistemologie – komparatistische Fallstudien. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2008, S. 301–320.
  • Heide Lutosch: Ende der Familie – Ende der Geschichte. Zum Familienroman bei Thomas Mann, Gabriel Garcia Márquez und Michel Houellebecq. Aisthesis Verlag, Bielefeld 2007, ISBN 3-89528-624-9.
  • Rita Schober: Auf dem Prüfstand. Zola – Houellebecq – Klemperer. edition travanía, Verlag Walter Frey, Berlin 2003, ISBN 3-925867-72-4.
  • Clemens Setz: Elementarteilchen. Michel Houellebecq spendet Trost in völlig aussichtsloser Lage, in: Die Zeit Nr. 34, 16. August 2012, S. 49.
  • Thomas T. Tabbert: Die Geburt des Posthumanismus aus dem Geiste der Erlebnis-Gesellschaft – Künstliche Menschen in Michel Houellebecqs Roman „Elementarteilchen“. Artislife, Hamburg 2004, ISBN 3-00-014261-4.
  • Björn Pötters: Michel Houellebecqs Elementarteilchen – Text und Film. GRIN Verlag, München 2008, ISBN 978-3-640-11766-6.
  • Jörn Steigerwald: (Post-)Moralistisches Erzählen. Michel Houellebecqs Particules élémentaires. In: Lendemains, 138/139 (2010), S. 191–208.
  1. „Kultbücher“. Von Rudolf Freiburg, Markus May, Roland Spiller. Abgerufen am 25. Januar 2010.
  2. Clemens Setz: Elementarteilchen | Michel Houellebecq spendet Trost in völlig auswegloser Lage. In: ZEIT ONLINE. 16. August 2012, abgerufen am 20. August 2020.
  3. Simone Kaempf: Der Gencode ist an allem schuld. Abgerufen am 20. Mai 2019.
  4. Elementarteilchen Münchner Kammerspiele 2011 (Memento vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive)
  5. Elementarteilchen Theater Freiburg 2012 (Memento vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive)
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