Remigius von Auxerre

Benediktinermönch und Lehrer

Remigius von Auxerre, lateinisch: Remigius Autissiodorensis, französisch: Remi d’Auxerre (* um 841 in Burgund; † um 908) war ein Benediktinermönch, Lehrer und Verfasser von Kommentaren zur Bibel und antiken Texten.

Remigius war in der Abtei Saint-Germain d’Auxerre Schüler des Heiricus von Auxerre und unterrichtete dort als dessen Nachfolger. In Reims organisierte er im Auftrag des Erzbischofs Fulco von Reims die dortige Domschule neu. Nach dessen Tod setzte er in Paris sein Lehramt fort. Zu seinen Schülern gehörte Odo von Cluny.[1]

Überblick

Bearbeiten

Sein umfangreiches Werk beschäftigt sich[2] einerseits mit den Werken der lateinischsprachigen Antike:

  • Kommentare zu Werken der Grammatik, insbesondere die ars minor und ars maior des Aelius Donatus,
  • Kommentare zu antiken, literarischen Werken, z. B. das Commentum in Martianum Capellam,
  • ein Kommentar zu De Consolatione Philosophiae des Boethius,
  • Auszüge aus dem Werk des Valerius Maximus,

Andererseits verfasste er aber auch Schriften zur Bibelexegese und Dogmatik.

Commentum in Martianum Capellam

Bearbeiten

De nuptiis Philologiae et Mercurii ist ein spätantikes Werk des Martianus Capella. Es enthält Fachvorträge über die sieben Disziplinen der Artes liberales. Darüber hinaus wird in der „Rahmenhandlung“, der Hochzeit von Philologie und Merkur ein umfangreiches Bild der antiken Mythologie und Philosophie entworfen.[3]

Remigius von Auxerre erstellte für den Schulbetrieb einen ausführlichen Kommentar dieser Schrift. Er benutzte dazu die früheren Kommentare des Johannes Scottus Eriugena und des irischen Mönches Dunchad.[4] Aber auch andere Quellen wurden herangezogen. Er zitierte zahlreiche antike Schriftsteller, wie Horaz, Marcus Terentius Varro, Cicero und benutzte andere wie Plinius ohne Namensnennung.[5]

Das Werk ist ungewöhnlich umfang- und inhaltsreich. Schon die zugrunde liegende Schrift des Martianus Capella gliedert sich in 1000 Abschnitte und ist in der Ausgabe von Adolfus Dick 533 Seiten mit etwa je 20 Zeilen pro Seite lang. Fast zu jeder Seite hat Remigius von Auxerre mehrere Erläuterungen verfasst. Diese reichen von kurzen, einfachen Wortsynonymen bis zur fast seitenlanger Erklärung. Der Index, der die wichtigsten behandelten und erwähnten Begriffe, wie griechische Götter und Helden, Geographisches, Sternbilder, Kirchenväter usw. auflistet, umfasst zirka 900 Einträge.[6]

In den ersten 2 Büchern schildert Martianus Capella das Umfeld des Brautpaares. Remigius erläutert die griechischen Götterwelt, die neuplatonische Philosophie, orientalische Mystik usw. Nur an wenigen Stellenkontrastiert er die pagane Welt mit christlichen Aussagen. Z.B. schließt er die philosophischen Überlegungen Buch II, 76.14 ab mit:

«hoc pertinet quod Apostolus dicit: ‚Pax Dei, quae exsuperat ommnem sensum‘ […]»

„dazu gilt, was der Apostel sagt: ‚Der Friede Gottes, der alle Vernunft übersteigt‘ […]“

Die folgenden Bücher stellen jeweils ein Gebiet der Artes liberales dar. In Buch IX über die Musik werden mehrere Thematiken der antiken griechischen Musiktheorie dargelegt. Der Autor kommt aber bis in seine Gegenwart. Die Beschreibung der Intervalle (Buch IX, 496.18 – 497.9) wird durch Chorbeispiele verdeutlicht, etwa der Diatessaron (= Quarte) durch den Introitus Tibi dixit cor meum.

Das Werk hat die übrigen Kommentare zum Buch des Martianus Capella verdrängt und im Mittelalter eine führende Stellung eingenommen.[7]

Textausgaben

Bearbeiten
  • Remigii Autissiodorensis Commentum in Martianum Capellam, hg. von Cora E. Lutz, 2 Bde., Leiden 1962–1965.
  • Expositio super Genesim, hg. von Burton Name van Edwards (Corpus Christianorum, Continuatio Mediaevalis 136), Turnhout 1999.

Literatur

Bearbeiten
  • Michael Baldzuhn: Remigius von Auxerre. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 22, Bautz, Nordhausen 2003, ISBN 3-88309-133-2, Sp. 1146–1149.
  • Maria Laetitia Coletti: Un opera grammaticale di Remigio di Auxerre. Il commento al „De barbarismo“ di Donato. In: Studi medievali, Ser. 3, Bd. 26 (1985), S. 951–967.
  • Burton van Name Edwards: The two commentaries on Genesis attributed to Remigius of Auxerre. With a critical edition of Stegmuller 7195. University of Pennsylvania 1990.
  • Lawrence Gushee, Bradley Jon Tucker: Remigius [Remy] of Auxerre. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
  • Roger Harmon: Remigius von Auxerre. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 13 (Paladilhe – Ribera). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2005, ISBN 3-7618-1133-0 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
  • Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, Band 1: Von Justinian bis zur Mitte des zehnten Jahrhunderts. Beck, München 1911 (Handbuch der Altertumswissenschaft, Abt. IX, Band 2.1), S. 504–518. Digitalisat.
  • E. Ann Mattern: Art. Remigius of Auxerre. In: Medieval France. An Encyclopedia, New York 1995, S. 793.
  • Paolo Paredi: Per le fonti del „Commentum in Matthaeum“ dello ps. Remigio d'Auxerre (dal codice di Ivrea LXXVI/43). In: Aevum 79 (2005), S. 249–263.
  • Marcello Terzano: Art. Remigius of Auxerre (841-908). In: Encyclopedia of the Middle Ages, Chicago 2000, Teil 2, S. 1226.
  • William Turner: Remigius of Auxerre. In: Catholic Encyclopedia, Band 12, Robert Appleton Company, New York 1911.
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, S. 504 f.
  2. Cora E. Lutz: Remigii Autissiodorensis Commentum in Martianum Capellam, Introduction, S. 11 f.
  3. Hans Günter Zekl Hrsg.: Martianus Capella: Die Hochzeit der Philologie mit Merkur Einleitung, Würzburg 2005.
  4. Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, 1. Band S. 514.
  5. Cora E. Lutz: Remigii Autissiodorensis Commentum in Martianum Capellam, S. 23.
  6. Cora E. Lutz: Remigii Autissiodorensis Commentum in Martianum Capellam, Index
  7. Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, 1. Band S. 514.