Kabinettschrank

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Frühbarocker Kabinettschrank (Residenz, Dresden)

Ein Kabinettschrank oder Kunstschrank ist ein repräsentativer Schrank, der der Aufbewahrung wertvoller Sammlungsobjekte diente, oft als Teil einer namensgebenden Kunstkammer oder Kuriositätenkabinetts.

Kabinettschränke sind verwandt mit Schreibmöbeln, die als Sekretär bezeichnet werden;[1] so hatten viele Kabinettschränke auch eine ausziehbare Schreibplatte. Manche Kabinettschränke enthalten auch Musikautomaten.

Kabinettschränke entstanden wohl aus der maurischen Tischlerei Spaniens. Ab 1500 gab es Truhen mit einer Vielzahl von Schubladen („Cofre de Valencia“), woraus sich ein Kasten mit Schubladen und einer ausklappbaren Schreibplatte entwickelte („escritorio“). Durch die Habsburger gelangten diese Tischlerarbeiten in den deutschsprachigen Raum. Schränke mit Schreibfunktion wurden in Augsburg und Nürnberg zur Exportware und auch als „Schreibtisch“ bezeichnet. Zum Schutz der heimischen Handwerksbetriebe verbat Philipp III. von Spanien 1603 die Einfuhr Nürnberger Schränke; zur selben Zeit ist in Frankreich der Begriff „cabinets d'Allemagne“ nachweisbar. Sogar in Japan wurden Möbel nach deutschem Vorbild hergestellt. Besonders im Manierismus kam beim Adel die Nutzung als Teil einer Wunderkammer in Mode. So wurde die Tribuna der Uffizien 1568 von einem zentralen achteckigen Schrank ausgestattet (Entwurf: Bernardo Buontalenti, nicht erhalten). Als Material wurde Ebenholz bevorzugt, weshalb die Kunsttischler dieser Zeit auch Ebenisten genannt wurden. Im 17. Jahrhundert wurden die Schränke größer und ihre Ausstattung mit Miniaturen, Beschlägen, Einlegearbeiten aus verschiedenen Hölzern, Pietra-Dura und Schildpatt sowie Lackarbeiten wurde immer prächtiger.[2]

Beispiele und Gattungen

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stipo a bambocci (Castello Sforzesco, Mailand)

Der Begriff stipo a bambocci bezeichnet einen Typ von Kabinettschränken der Renaissance in Oberitalien, dessen Front mit einer Platte verschließbar und der mit kleinen pummeligen Figuren verziert ist.

Kabinettschrank, Augsburg 1660 (Germanisches Nationalmuseum)

Aus dem deutschsprachigen Raum sind besonders die Augsburger Kunstschränke aus dem 16./17. Jahrhundert zu nennen. Diese sind häufig reich verzierte, bis zu eineinhalb Meter hohe Möbel, die oft auf einem Tisch aufgestellt wurden. Die architektonisch anmutende Dekoration aus Säulchen und Nischen verbergen Schubladen und Fächer. Hergestellt wurden die Schränke oft aus vielen unterschiedlichen Materialien. Aufbewahrt wurden Kunstgegenstände und Kleinode (die dann auch als „Kabinettstück“ bezeichnet wurden), Geräte und Werkzeug, aber auch Utensilien zur Körperpflege. Die Augsburger Kunstschränke wurden von dem Augsburger Kaufmann und Kunsthändler Philipp Hainhofer entwickelt, der Gruppen von Künstlern und Handwerkern mit der Herstellung beauftragte und mit ihnen handelte.[3] Das bekannteste Beispiel eines Augsburger Kunstschranks war der Pommersche Kunstschrank.[4]

Commons: Kabinettschränke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Virginie Spenlé: Der Kabinettschrank und seine Bedeutung für die Kunst- und Wunderkammer des 17. Jahrhunderts. In: Möbel als Medien. Transcript, 2011, doi:10.1515/transcript.9783839414774.69.
  • Dieter Alfter: Die Geschichte des Augsburger Kabinettschranks. In: Schwäbische Geschichtsquellen und Forschungen. Band 15. Historischer Verein für Schwaben, Augsburg 1986, ISBN 1-08-295683-X.
  • Georg Himmelheber: Kabinettschränke. Bayerisches Nationalmuseum, München 1977.

Einzelnachweise

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  1. Virginie Spenlé: Der Kabinettschrank und seine Bedeutung für die Kunst- und Wunderkammer des 17. Jahrhunderts. In: Möbel als Medien. Transcript, 2011, doi:10.1515/transcript.9783839414774.69.
  2. Simon Jervis: Cabinet (ii). In: Grove Art Online. 2003, abgerufen am 17. September 2024 (englisch).
  3. Georg Himmelheber: Kunstschränke. In: Stadtlexikon Augsburg. 29. April 2014, abgerufen am 16. September 2024.
  4. Gordon Campbell: Kunstschrank. In: Grove Art Online. 22. Januar 2014, abgerufen am 17. September 2024 (englisch).
  5. Sebastian Hackenschmidt: Der Kunst- und Kabinettschrank von David Roentgen: Eine neue Serie am MAK-Blog widmet sich dem herausragenden Sammlungsstück. In: MAK Blog. Museum für Angewandte Kunst Wien, 5. Juli 2021, abgerufen am 16. September 2024.