Tidjikja (arabisch تجكجة, DMG Tiǧikǧa, auch Tižigža) ist die Hauptstadt der Verwaltungsregion Tagant im südlichen Zentrum Mauretaniens. Die Oasensiedlung in der westlichen Sahara liegt am Rand einer der größten Dattelpalmenhaine des Landes. Während der französischen Kolonialzeit wurde das vormalige Dorf zu einem Militärstützpunkt und Verwaltungszentrum ausgebaut.

Tidjikja
تجكجة

Geschäftsstraße und Moschee in der Altstadt. Das weiße Männergewand heißt Derra’a
Staat: Mauretanien Mauretanien
Region: Tagant
Departement: Tidjikja
Koordinaten: 18° 33′ N, 11° 26′ WKoordinaten: 18° 33′ N, 11° 26′ W
Höhe: 399 Meter ü.d.M.
 
Einwohner: 18.586
Zeitzone: GMT (UTC±0)
Tidjikja (Mauretanien)
Tidjikja (Mauretanien)
Tidjikja

Tidjikja liegt auf einer Höhe von 440 Metern auf dem Tagant-Plateau, einer ringsum von einem Steilanstieg begrenzten vegetationsarmen Hochfläche (hassania: ḍhar), die aus festen Sandebenen, Hammada, Bereichen mit Sanddünen (Erg) und einzelnen felsigen Erhebungen besteht. Tagant heißt in der Berbersprache „Wald“, der Name bezog sich ursprünglich auf eine weiter südlich im günstigeren Klima der mauretanischen Sudanzone gelegene Landschaft.[1] Das Tagant-Plateau liegt nördlich der einzigen Asphaltstraße, die Mauretanien in west-östlicher Richtung vom Atlantik bis zur Mali-Grenze verbindet. Etwa 140 Kilometer östlich von Aleg zweigt im Ort Çangrâfa eine asphaltierte Nebenstraße nach Norden ab, die hinter dem ehemaligen französischen Kolonialstützpunkt Moudjéria in Serpentinen über die felsige Abbruchkante auf das Plateau hinaufführt. Nbeīka ist das einzige größere Dorf auf der 140 Kilometer langen Strecke zwischen Moudjéria und Tidjikja. Das im islamischen Mittelalter bedeutende Handelszentrum Tichitt liegt 255 Kilometer östlich von Tidjikja entlang einer schlechten Piste. Eine weitere Verbindung besteht für Allradfahrzeuge zur 470 Kilometer nördlich gelegenen Stadt Atar.

Geschichte

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Steinzeitliche Fundplätze belegen, dass das Plateau im 1. Jahrtausend v. Chr. von einer Rinder und Ziegen züchtenden sesshaften Bevölkerung mit Anfängen von Ackerbau besiedelt war. Auf Felsformationen sind unzählige Felsmalereien aus berberischer vorchristlicher Zeit bis nach dem Beginn der Islamisierung im 10. Jahrhundert erhalten. Tidjikja wurde um 1680 von den Idaw ʿAli gegründet, einem Berberstamm aus der Region Adrar, der dort gewaltsam vertrieben worden und nach Süden in den Tagant ausgewandert war. Einen knappen Bericht über die Siedlungsgründung bietet Aḥmad ʾl-Amīn aš-Šingīṭī in seinem 1911 in Kairo erschienenen Buch Al-Wasīṭ fi tarāǧim udabāʾ Šingīṭ…: Unter den Auswanderern befand sich demnach ein blinder frommer Mann, der an zwei Oueds, an der die Gruppe zu lagern beabsichtigte, mit seiner Nase an der Erde roch, um daraufhin zu verkünden, dass diese Plätze ungeeignet seien. Erst als sie in Tidjikja angekommen waren, erklärte der verehrte Mann das Land für gesegnet und forderte die Seinen auf, sich niederzulassen. Also begannen sie Bäume zu fällen und das Dickicht zu roden. Für diese Tätigkeit und zum Bau der Steinhäuser hätten die Idaw ʿAli einen lokalen Stamm angeheuert, den sie jedes Jahr mit Datteln ausbezahlten (zumindest bis zum Jahr 1897, als der Verfasser die Region verließ).[2]

 
Reste der einst für den Tagant typischen Wanddekorationen
 
Kolonialgebäude aus französischer Zeit mit umlaufenden Arkaden, die von einem Flachdach mit Palmstämmen überdeckt waren. Im Vordergrund Calotropis procera

Die Dattelpalmenoase wuchs zu einer der größten Mauretaniens, der Ort dürfte ansonsten vom Handel zwischen dem marokkanischen Wadi Draa und der Sudanregion profitiert haben, ohne jedoch die Bedeutung der anderen Handelsorte zu erlangen. Er beherbergt eine kleine Sammlung alter islamischer Manuskripte. Mittelalterliche Zentren der islamischen Gelehrsamkeit, in denen größere Bibliotheken angelegt wurden, waren Chinguetti, Oualata und Tichitt.

Das französische Kolonialreich reichte um 1900 mit seiner Nordgrenze bis an den Senegalfluss. Der französische Militärführer Xavier Coppolani wurde 1902 mit dem Auftrag versehen, auf friedlichem Weg („pénétration pacifique“) das Territorium von Mauretanien in die Kolonialgebiete zu vereinnahmen. Im selben Jahr unterzeichnete er mit dem einflussreichen Marabout von Boutilimit einen Friedensvertrag und begann mit der Einrichtung kleiner Militärposten. Dem Vormarsch der Kolonialtruppen setzten in der Region Brakna Mauretanier unter der Führung des Emirs von Tagant, Bagār ibn Swaid Aḥmad ihren Widerstand entgegen. Er war der Anführer des Idawish-Stammes, dessen Kämpfer sich nach hohen Verlusten Richtung Norden zurückziehen mussten. Im April 1905 wurde der 97-Jährige von französischen Kugeln getroffen. Der Widerstand in Südmauretanien war damit gebrochen. In Tidjikja errichteten die Franzosen eines der ersten Militärlager. Dort wurde im Juni desselben Jahres Coppolani von Aufständischen getötet. Damit war die Phase der friedlichen Durchdringung beendet, der antikoloniale Widerstand begann sich zu verstärken und verlagerte sich in die nördliche Adrar-Region, wo sich das Zentrum von Scheich Ma el-Ainin befand, dessen Agenten für den Tod Coppolanis verantwortlich gemacht werden.[3] Tidijikja wurde zum Hauptort des „cercle du Tagant“, der französischen Tagant-Region. Die erfolgreiche „Pazifizierung“ wurde 1920 offiziell verkündet und das Militärgebiet Mauretanien zur Kolonie erklärt.

1960 erhielt das Land die Unabhängigkeit, Tagant blieb auch danach eine rückständige Provinz. In den 1970er-Jahren wurden zahlreiche Nomaden der Region durch mehrere Dürrejahre in Folge zur Flucht aus der Wüste in die Kleinstädte oder in die weiter südlich gelegene Trockensavanne gezwungen, andere zogen in die Landeshauptstadt Nouakchott. Nach der Volkszählung im Jahr 2000 lebten 13.532 Einwohner im Ort. 2005 ergab eine Berechnung 14.751 Personen,[4] für 2010 wurden 18.586 Einwohner berechnet.[5]

Stadtbild

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Tidjikja wird durch ein breites sandiges Oued gleichen Namens, das von Nordwesten nach Südosten verläuft, in einen Altstadtteil im Norden und einen neueren Teil im Süden getrennt. Die von Süden kommende Zufahrtsstraße führt westlich des Ortskerns vorbei und endet am nördlichen Siedlungsrand am Flughafen. Eine Ruine der alten französischen Kolonialverwaltung liegt im neueren Ortsteil westlich der Straße. Das annähernd quadratische Gebäude aus mit Lehm vermörtelten Feldsteinen hat im Grundriss zwei langrechteckige Raumfolgen, die zu beiden Seiten eines Mittelgangs liegen und von einem Arkadengang an allen vier Seiten umgeben sind. Diese klimagerechte Bauweise findet sich bei den heutigen Verwaltungsgebäuden an der Hauptstraße nicht mehr.

 
Von Felshügel im Nordosten über die Stadt

Jenseits des Trockentals (Oued) im alten Ortsteil biegt eine Straße rechts ab und führt an der Haltestelle für Sammeltaxen (taxi brousse) vorbei ins Marktzentrum. Der Markt ist vormittags geschäftig, das Angebot an Lebensmitteln und Haushaltswaren ist jedoch bescheiden. Es gibt noch eine aus der nomadischen Lebensweise stammende Tradition in der Herstellung von Lederwaren. Einige Läden bieten die weit verbreiteten Armlehnkissen (Surmije), kleine Tabaksbeutel (Beit) und die selten gewordenen Männerreitsättel für Kamele (Rahla) an. Nordöstlich des Zentrums befindet sich eine großzügig geplante regionale Hochschule.

Die Wohnhäuser sind überwiegend eingeschossig und bestehen aus lehmverputzten Feldsteinen oder bei neuen Häusern aus Zementhohlblocksteinen. Zur Straße sind die Häuser meist fensterlos, die Wohnräume gruppieren sich um einen von einer hohen Mauer umgebenen Innenhof, über den Licht durch die offenen Türen dringt.

Aus dem 17. Jahrhundert stammt eine Moschee, von der nach mehreren Umbauten das über die Ladengeschäfte des Marktes hinausragende Minarett zu sehen ist. Näher am Oued ist eine Gebäuderuine erhalten, die in ihrer Fassade mehrere dreieckige Nischen aus aufgestellten Steinplatten enthält; ein altes Schmuckmotiv, das auch in Tichitt zu sehen ist und sich bis vor wenigen Jahrzehnten noch häufiger an Fassaden, besonders über den Eingangstüren und an Innenwänden fand.[6]

Der Ort wird im Nordosten von einem Felshügel überragt, zu den übrigen Seiten dehnen sich flach gewellte Sanddünen und feste Sandebenen mit vereinzelten Akazien aus. Die Dattelpalmenhaine liegen in Grundwassernähe als schmale Streifen entlang des Trockentals im Osten der Stadt. Das Wasser wird überwiegend mit Ziehbrunnen (Schaduff) eimerweise von Hand hochgezogen. An wenigen Stellen wird auf kleinen bewässerten Parzellen Gemüse angebaut. Außerhalb der Oasengärten ist in einer erdfeuchten Senke im Anschluss an die bis September/Oktober dauernde Regenzeit der unbewässerte Anbau von Hirse möglich.

Die asphaltierte Rollbahn des Flughafens Tidjikja ist 1600 Meter lang und 29 Meter breit.[7] Es bestehen keine regelmäßigen Flugverbindungen.

Der Fußballklub AS Armée Nationale ist in Tidjikja beheimatet.

Söhne und Töchter der Stadt

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Commons: Tidjikja – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Rainer Oßwald: Die Handelsstädte der Westsahara. Die Entwicklung der arabisch-maurischen Kultur von Šinqīṭ, Wādān, Tīšīt und Walāta (= Marburger Studien zur Afrika- und Asienkunde. Bd. 39). Dietrich Reimer, Berlin 1986, S. 355.
  2. Im Schlusskapitel: Disput über Šingīṭ und seine Abgrenzung. Nach: Wolf-Dieter Seiwert (Hrsg.): Maurische Chronik. Die Völker der Westsahara in historischen Überlieferungen und Berichten. Trickster-Verlag, München 1988, S. 119.
  3. Anthony G. Pazzanita: Historical Dictionary of Mauritania. 3. Auflage. Scarecrow Press, Lanham (Maryland) 2008, S. 503.
  4. 2005 population estimates for cities in Mauritania. Mongabay.com
  5. Mauritanie: Les villes les plus grandes avec des statistiques de la population. (Memento des Originals vom 14. Januar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gazetteer.de World Gazetteer
  6. Thomas Krings: Sahel. Senegal, Mauretanien, Mali, Niger. Islamische und traditionelle schwarzafrikanische Kultur zwischen Atlantik und Tschadsee. DuMont, Köln 1985, S. 238f.
  7. Tidjikja. (Memento des Originals vom 3. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.worldaerodata.com World Aero Data